Der Verband Fernwärme Schweiz (VFS) führt regelmässig Infoveranstaltungen durch. Auf der Website des Verbands sind eine Vielzahl von Informationen abrufbar:
www.fernwaerme-schweiz.ch
Die regionale Energieberatungsstelle berät Gemeinden auf der Grundlage ihrer jeweiligen individuellen Ausgangslage direkt und unkompliziert, auch zum Thema Wärmeverbund. Wir freuen uns auf die weiteren Kontakte!
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Wärmeverbund – Chancen für Gemeinden zur Nutzung erneuerbarer Energien
Viele Gemeinden beschäftigen sich mit dem Thema Wärmeverbund, um von fossilen Brennstoffen wegzukommen, hin zu erneuerbaren Energien. Die Versorgungssicherheit ist neben der Nachhaltigkeit ein zusätzlicher Treiber. Ein Überblick zur Thematik und Tipps zum Vorgehen.
Was ist ein Wärmeverbund und welche Formen gibt es?
Ein Wärmeverbund ist ein System zur Wärmeversorgung von Gebäuden. Die Wärme wird zentral erzeugt und über ein geschlossenes Netz mit Vor- und Rücklauf in wärmegedämmten Rohrleitungen zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern transportiert. Als Energiequellen kommen infrage: Einerseits die erneuerbaren «Energielieferanten» Holz, Grundwasser, Oberflächengewässer oder Erdwärme sowie andererseits industrielle Abwärme von Fabriken, Kehrichtverbrennungen oder Abwasserreinigungsanlagen.
Was ist der Unterschied zwischen Fernwärme und Nahwärme?
Grosse Wärmenetze, die in der Schweiz oft im Rahmen der Wärmenutzung einer Kehrichtverbrennung entstanden sind, werden als Fernwärme bezeichnet. Bei der örtlichen Erschliessung einzelner Gebäude, Gebäudeteile oder kleinerer Wohnsiedlungen mit eigener Wärmeerzeugung spricht man von Nahwärme.
Wann lohnt sich ein Wärmeverbund?
Auch bei Energietechnologien gilt: Grosse und gemeinsam genutzte Anlagen sind effizienter und kostengünstiger. Kleinere Anlagen erfordern einen vergleichsweise hohen Initialaufwand, der bei Grossanlagen weniger ins Gewicht fällt. Dies gilt insbesondere bei der Nutzung von erneuerbaren Energien wie Umweltwärme und Energieholz. Ein Wärmeverbund lohnt sich deshalb nicht in jedem Fall.
Welche Faktoren sind für die Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend?
Wichtig ist, nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen: Die Wärme-Versorgungsdienstleistung und die Nutzung erneuerbarer Energien können nicht mit bisherigen Tiefpreisen von fossilen Energieträgern oder mit sehr grossen Fernwärmenetzen oder amortisierten Kleinanlagen verglichen werden. Die entscheidenden Faktoren einer kostengünstigen, erneuerbaren Wärmeversorgung über einen thermischen Verbund sind einerseits die sogenannte hohe Wärmedichte des versorgten Gebiets sowie andererseits eine gute Ausgangslage zur Nutzung der erneuerbaren Energien. Erfolgt der Betrieb durch einen sogenannten Contractor, ermöglichen dessen Professionalität weitere Kostenoptimierungen.
Was ist unter einem Contracting respektive Contractor zu verstehen?
Contracting bedeutet bei einem Wärmeverbund, alle Tätigkeiten rund um das Heizen mittels Vertrag (engl. = Contract) an einen spezialisierten Anbieter (Contractor) zu delegieren. Bei einem Contracting übergibt die Gemeine Planung, Finanzierung, Installation, Betrieb und Unterhalt der Heizanlage an den Contractor. Dieser liefert dann die gewünschte Wärme an die Gemeinde und je nachdem an Dritte (Private). Contracting hat in den vergangenen 15 Jahren auf dem Schweizer Energiemarkt stark an Bedeutung gewonnen.
Welche Plus- und Minuspunkte gibt es für die Verbraucherinnen und Verbraucher?
Ein grosser Vorteil ist das «Sorglospaket»: Die sogenannte Wärme-Übergabestation, welche die Wärme in das Verteilnetz im Gebäude überträgt, ist technisch relativ einfach und praktisch pannenfrei. Mit dem Wegfall eines früheren Tankraums ist zudem ein Raumgewinn verbunden. Für den Störungsfall sorgt ein 24-Stunden-Servicevertrag vor: Mobile Wärmezentralen gewährleisten eine unterbruchfreie Wärmeversorgung, womit die Versorgungssicherheit gegenüber den vielen Einzelanlagen sogar steigt. Bei zentraler Wärmeerzeugung decken meist mehrere Wärmeerzeuger die Energieproduktion ab, was die Versorgungssicherheit zusätzlich erhöht. Als Nachteil könnten die thermischen Verluste der Verteilnetze genannt werden. Die Verluste werden jedoch durch die grössere Effizienz der zentralen Wärmeerzeugung gegenüber kleinen Einzelanlagen mehr als wettgemacht.
Kann man für einen Wärmeverbund Fördergelder beantragen? Wenn ja, wo?
Grundsätzlich fördern die öffentliche Hand über die Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene sowie Stiftungen Massnahmen oder Anlagen, welche die Effizienz erhöhen und/oder die CO2-Belastung reduzieren respektive CO2-neutral sind. Förderbedingungen und -beiträge sind jedoch immer wieder Veränderungen unterworfen, je nach Marktbedingungen und politischen Entwicklungen.
Eine aktuelle Zusammenstellung der Förderprogramme kann über www.energiefranken.ch mit der Eingabe der PLZ der Standortgemeinde abgerufen werden. Im Kanton Bern stehen Förderbeiträge einerseits zur Verfügung für die Nutzung von erneuerbaren Energien und für den Aufbau von Wärmenetzen. Andererseits wird auch der Anschluss an einen Wärmeverbund mit erneuerbarer Energie gefördert und kann von Bezüger/innen geltend gemacht werden. Der Leitfaden zum Förderprogramm Energie des Kanton Bern ist hier zu finden.
Wie erkenne ich als Gemeinde, ob ein Wärmeverbund auf dem Gemeindegebiet infrage kommt? Welche Abklärungen sind notwendig?
Bevor ein aufwendiges Wärmeverbund-Projekt gestartet wird, können die Voraussetzungen punkto Wärmedichte und Nutzung des Energieträgers ohne übermässigen Aufwand in einer Machbarkeitsstudie geprüft werden. Die Datenhoheit der Gebäude-Wärmeleistungsdaten liegt bei den Gemeinden. Mit einer Auswertung dieser sogenannten GWR-Daten mit einer GIS-Applikation lassen sich Quartiere, welche für zentrale Wärmeversorgungen interessant sind, schnell ermitteln. Zugleich geben kantonale, allgemein zugängliche Geoportale beispielsweise rasch Auskunft über das Vorkommen von Grundwasser.
Welche Rolle hat eine Gemeinde bei einem Wärmeverbund?
Eine sehr zentrale! Grössere Gemeinden verfügen meist schon über einen Energierichtplan, bei dem konkrete Massnahmen und Zielsetzungen hinterlegt sind; dazu zählt vielerorts der Aufbau eines Wärmeverbunds. Auf dieser Grundlage kann nun zum Beispiel die Energiekommission oder die Baubehörde gemeindeintern ein Wärmeverbunds-Projekt lancieren. Oder bei einer erfolgversprechenden Ausgangslage kann die Gemeinde selber eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.
Welche weiteren Akteurinnen und Akteure braucht es?
Kommen die «Wärmeverbund-Steine» ins Rollen, übersteigen die anstehenden Aufgaben bald einmal die Möglichkeiten einer Gemeindebehörde. Erste Abklärungen können meist noch durch die Gemeinde an erfahrene Planer/innen in Auftrag gegeben werden. Die weiteren Projektierungs- und Finanzierungsleistungen übernimmt dann häufig ein Contractor. Ein solcher Partner lässt sich über eine Ausschreibung finden.
Sind gemeindeübergreifende Wärmeverbünde möglich?
Ja. In den meisten Fällen ergeben sich solche bei Industrie- oder Gewerbearealen mit nutzbarer Abwärme in der Agglomeration über die Gemeindegrenze hinweg. Oft werden auch kleinere Wärmeverbünde gemeindeübergreifend zusammengeschlossen. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit sowie die Versorgungssicherheit.
Welches sind die Erfolgsfaktoren für die Realisierung eines Wärmeverbunds?
Erstens eine hohe Wärmedichte des versorgten Gebiets, zweitens die Anschlussbereitschaft von Schlüsselkund/innen, also von Wärmebezüger/innen mit einem relativ grossen Wärmebedarf und drittens die gute Nutzbarkeit und Ergiebigkeit erneuerbarer Energiequellen. Oft sind auch Industrie- und Gewerbebetriebe mit viel Abwärme, die nicht im Betrieb genutzt werden kann, der zündende Funke für den Start eines erfolgreichen Wärmeverbunds.
Was versteht man unter Wärmedichte?
Die Wärmedichte kann mit der erforderlichen Distanz von der Transportleitung zu einem Wärmeanschluss berechnet werden: Pro Laufmeter Wärmetrassee sollte die erschliessbare Wärmeleistung nicht deutlich unter einem Kilowatt (kW) Anschlussleistung liegen. Bei einem Einfamilienhaus mit einem Wärmeleistungsbedarf von z. B. 10 kW dürfte die erforderliche Erschliessung höchstens 10 Meter betragen. Grosse, hocheffiziente Neubau-Einfamilienhäuser haben nur noch einen Wärmeleistungsbedarf von fünf Kilowatt.
Was bedeutet gute Nutzbarkeit und Ergiebigkeit erneuerbarer Energiequellen?
Neben dem bis anhin günstigen Energieholz gilt auch einfach erschliessbares Grund- oder Oberflächenwasser für den Wärmepumpen-Einsatz als gute Voraussetzung für attraktive Wärmepreise. Grosse Erdsondenfelder oder Luftregister für zentrale Anlagen sind hingegen sehr kostenintensiv und meist baulich nicht umsetzbar.
Was gilt es weiter zu beachten?
Weil die Nachfrage nach erneuerbarer Wärme sehr hoch ist und die Attraktivität von Wärmeverbünden weiter zunimmt, empfehlen wir von Beginn weg eine klare Kommunikation, wo ein Wärmeverbund in der Gemeinde sinnvoll sein kann und wo nicht. Damit lassen sich Frustrationen vermeiden. Denn je nach Situation ist eine dezentrale, erneuerbare Wärmeversorgung für ein Gebäude günstiger als ein Anschluss an einen Wärmeverbund.
Welche technologischen Entwicklungen sind bei Wärmeverbünden in Zukunft zu erwarten?
Neben der weiteren Effizienzverbesserung bei der Wärmeproduktion können sogenannt «intelligente Netze» durch die Regulierung der Wärmebeziehenden die erforderliche Wärmeleistung des Verbundes reduzieren und damit die Effizienz erhöhen sowie die notwendigen Investitionen senken. Auch bestehende Netze können «intelligent» gemacht werden. Eine sich vermehrt nun auch durchzusetzende Form sind zudem sogenannte «Anergie-Netze». Gilt hochwertige und direkt nutzbare (Hochtemperatur-)Fernwärme als «Exergie», so wird Niedertemperatur-Wärme wie Grundwasser als «Anergie» bezeichnet. In einem Anergie-Netz wird also «nur» der Energieträger verteilt und muss bei den Nutzenden mit Wärmepumpen und bei Kühlbedarf mit Kältemaschinen nutzbar gemacht werden. Der grosse Vorteil dieser Netze ist also die Möglichkeit der gleichzeitigen Wärme- und Kälteproduktion.
Zusammengefasst: Welche Vorgehensschritte empfiehlt die Energieberatungsstelle einer Gemeinde auf dem Weg zu einem Wärmeverbund?
- Die Gemeinde kann auf der Basis des Energierichtplans – falls ein solcher vorhanden ist – die Nachfrage respektive das Interesse an erneuerbarer Wärme abklären. Kleinere Gemeinden können in Quartieren mit vermuteter hoher Wärmedichte und potenziellen Schlüsselkunden direkt Umfragen starten.
- Treffen die Umfragen auf eine gute Resonanz und kristallisieren sich interessante Bereiche mit hoher Wärmedichte heraus, kann die Gemeinde im Rahmen von Machbarkeitsstudien die Abklärungen verfeinern lassen. Dabei werden auch Grobkosten ermittelt und ein möglicher Wärmepreis grob abgeschätzt. Die Kosten dieser sogenannten «sia Phase 1» bewegen sich in der Regel im tieferen fünfstelligen Bereich, die Leistungen können durch Gebäudetechnikplaner erbracht werden.
- Auf der Basis der Resultate der Machbarkeitsstudie kann in der Folge mit Schlüsselkund/innen ein «Letter of Intent» abgeschlossen werden. Dieser belegt das gegenseitige Interesse an der Wärmelieferung respektive dem Wärmebezug zu den kommunizierten Konditionen und bildet die Grundlage für die weiteren Schritte, welche nun einen höheren Aufwand auslösen.
- Grössere Gemeinden, die via Baubehörde die Wärmeversorgung mit ausreichend Personal sicherstellen, können auch die weiteren Planungsphasen durchführen. Oft investiert in einem solchen Fall die Gemeinde dann auch selber in den Wärmeverbund und betreibt diesen. Kleinere Gemeinden ohne erforderliche Strukturen und Ressourcen können sowohl die weitere Planung, die Investition und auch den Betrieb in Kooperation mit einem sogenannten Contractor weiterführen.