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«Weitere Gemeinden können die Wanderausstellung zu sich holen»

Unter dem Motto «energiewende leben» haben die drei Energiestädte Köniz, Ostermundigen und Münsingen eine mehrjährige Kampagne für mehr Nachhaltigkeit im Alltag lanciert. Die Energieberatungsstelle Bern-Mittelland unterstützt das Projekt als Supporterin. Gespräch mit Projektleiter Adrian Stämpfli, Fachstelle Umwelt und Energie, Gemeinde Köniz.

Im Frühling 2019 wurde die mehrjährige Sensibilisierungskampagne «energiewende leben» von den drei Gemeinden Köniz, Münsingen und Ostermundigen lanciert. Wie kam es dazu und welche Ziele verfolgt die Kampagne?
Adrian Stämfli: Bereits seit 2013 arbeiten die Energiestädte Köniz, Münsingen und Ostermundigen im Energiebereich eng zusammen. Zuerst war das noch im Rahmen der «Tage der Sonne», dann wurde daraus die etwas breiter gefasste Kampagne «energiewende leben», bei der nicht nur erneuerbare Energie im Zentrum steht, sondern auch andere Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit. Das Hauptziel der Kampagne ist die greifbare, zeitgemässe und zielgruppenspezifische Informationsvermittlung. Die Mittel dazu sind ein umgebauter Schiffscontainer, zahlreiche Anlässe und die Einbindung in Social-Media-Kanäle. Daneben ging es aber auch um die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit. Wir hatten schon immer die Absicht, möglichst viele Gemeinden an der Kampagne teilhaben zu lassen. Sie sollen von der geleisteten Vorarbeit profitieren. Im 2020 waren beispielsweise auch Wohlen, Burgdorf, Rubigen, Thun, Steffisburg und Muri-Gümligen dabei, was natürlich sehr erfreulich ist.

Die fünf Jahres-Schwerpunktthemen sind Mobilität, Konsum, Erneuerbare Energie, Wasser und Klimawandel. Weshalb stehen diese fünf Themen im Fokus – und weshalb in dieser Reihenfolge?
Es sind alles Themen, welche die Gemeinden stark beschäftigen, und zwar nicht erst seit den Klimastreiks und Greta Thunberg! Mit dem Ausrufen des Klimanotstandes hat sich der Bedarf aber sicherlich noch erhöht, die Bevölkerung über die Umweltauswirkungen ihres Handelns zu informieren. Die jährlichen Schwerpunktthemen sind aber nicht in Stein gemeisselt. Je nach Bedarf können diese durchaus noch angepasst werden.

Warum ist die Kampagne wichtig? Was liegt Ihnen besonders am Herzen?
Die Information und Sensibilisierung der Bevölkerung zu Umweltthemen ist eine wichtige Aufgabe einer engagierten Gemeinde. Neue Technologien alleine werden nicht ausreichen, um die Nachhaltigkeits-Ziele der UNO oder die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, und gesetzliche Regelungen sind in vielen Lebensbereichen nicht erwünscht. Es ist deshalb ein Überdenken des eigenen Lebensstils von jeder und jedem Einzelnen notwendig. Dies wollen wir mit der Kampagne anregen, ohne aber mit dem Finger auf jemanden zu zeigen. Es war uns auch wichtig, die Mieterinnen und Mieter, die Jugendlichen und die Familien in den Gemeinden anzusprechen. Sie haben oft keinen grossen Handlungsspielraum, was das Gebäude betrifft, dafür aber in anderen Lebensbereichen! Zuvor war unsere Information und Kommunikation vor allem an die «Hüslibesitzer» gerichtet. Das wollten wir ändern.

Welche Herausforderungen gibt es?
Die grösste Herausforderung liegt darin, die richtigen Mittel, Medien und Worte zu finden, um das Interesse der Bevölkerung an der Thematik zu wecken und schlussendlich auch eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Schliesslich fühlen sich die Meisten in ihrer Lebenswelt wohl. Das umweltbewusstere Leben steht meist nicht zuoberst auf der Agenda. Mit dem umgebauten Schiffscontainer, den Anlässen und dem starken Einbezug von Social Media versuchen wir, etwas Aufmerksamkeit zu erlangen und so Werthaltungen zu transportieren. Das meine ich auch im physischen Sinn: Wir transportieren den Container inklusive Solaranlage von Gemeinde zu Gemeinde.

Welche Zwischenbilanz ziehen Sie nach den ersten beiden Kampagnenjahren?
Es waren zwei ereignisreiche und spannende Jahre! Während im ersten Jahr zahlreiche Aktivitäten rund das Thema Mobilität stattfanden – beispielsweise ein Tag zur Elektromobilität in Münsingen oder ein Gratis-Velocheck in Köniz –, stellte die diesjährige Corona-Pandemie auch die Agenda von «energiewende leben» gehörig auf den Kopf. Leider mussten viele der Veranstaltungen zum Schwerpunktthema Konsum abgeändert oder gar abgesagt werden. Dennoch können wir auf viele positive Momente zurückblicken. Die Ausstellung mit der Mini-Wohnung im Schiffscontainer hat sich bewährt, insbesondere das zugehörige, 2020 hinzugekommene Unterrichtsmodul für Schulklassen der Stufen Sek I und II. Und: Wenn der Container wegen der Pandemie zwischenzeitlich nicht zugänglich sein sollte, kann die Ausstellung auch virtuell besucht werden unter ausstellung-mislaebe.ch

Herzstück der Kampagne ist die Wanderausstellung in einem umgebauten Container, der per Lastwagen von Gemeinde zu Gemeinde «gezügelt» wird – wie lässt sich dieses Konzept mit dem Thema Nachhaltigkeit vereinen?
Es ist uns ein Anliegen, die Containerstandorte möglichst sinnvoll und lückenlos zu planen, um unnötige Fahrten und damit negative Umweltauswirkungen zu vermeiden. Die Transportfirma versucht soweit möglich, den Container aufzuladen, wenn sie sowieso schon in der Gegend ist. Damit werden Leerfahrten vermieden. Die unvermeidbaren Emissionen werden alle in der Schweiz CO2-kompensiert. Leider fanden wir noch kein Transportunternehmen mit einem elektrisch angetriebenen Ladekran! Immerhin versorgt sich der Container zu 100% selber mit Strom: Die PV-Anlage auf dem Dach speist eine Batterie, mit welcher die nötigen elektrischen Geräte bei Bedarf betrieben werden.

Wo überwintert der Container eigentlich?
Wohlbehütet im Steingrüebli in Ostermundigen.

Die Kampagne steht auch weiteren Gemeinden offen. Konnten neue Gemeinden für das nächste Kampagnenjahr gewonnen werden?
Ja! Wir erhalten immer wieder Anfragen neuer Gemeinden, die sich für eine Nutzung der Kampagne interessieren. Auch 2021 werden die Kreise, die der Container zieht, erneut grösser – gleich zu Beginn des Jahres ist er etwa in Interlaken zu Gast. Das freut uns sehr! Es zeigt deutlich, dass Städte und Gemeinden nach Möglichkeiten suchen, um die Bevölkerung zu informieren, ohne selber etwas von Grund auf aufbauen zu müssen.

Was muss eine Gemeinde prüfen oder organisieren, wenn sie bei der Kampagne mitmachen und den Container zu sich holen will?
Das Allerwichtigste ist zunächst ein geeigneter Standort. Das kann ein Dorfplatz sein, ein Pausenplatz oder ein Plätzchen an der nächsten Gewerbeausstellung. Wichtig ist, dass der Container dann nicht einfach nur dasteht, er sollte betreut werden. Dazu gibt es viele Möglichkeiten. In Münsingen war die Pfadi dafür besorgt, in Köniz haben wir mit Jugendlichen sowie mit Freiwilligen des lokalen Umweltforums gearbeitet. Am besten wird der Container mit bestehenden Anlässen kombiniert, zum Beispiel mit dem Umwelttag oder den «Tagen der Sonne». Mit dem fixfertigen Unterrichtsmodul für die Stufen Sek I und II besteht auch die Möglichkeit, den Container auf dem Schulhof zu platzieren.

Kann eine Gemeinde mit der Kampagne eigene Inhalte kombinieren, die ihr wichtig sind?
Auf jeden Fall. Jeder Gemeinde ist es freigestellt, wie sie den Container nutzt und wie sie ihn in ihr umweltpolitisches Programm einbindet.

Wie teuer ist es für eine Gemeinde, bei «energiewende leben» mitzumachen?
Teilnehmende Gemeinden zahlen einen pauschalen Beitrag von CHF 1‘000.–. Darin sind die Transportkosten bereits inbegriffen. Für die Betreuung und das Rahmenprogramm müssen sie aber selber besorgt sein. Wir stellen quasi die Hardware bereit: Container, Unterrichtsmodul, Website und sonstige Werbematerialien.

Ausblick: Was dürfen wir fürs 2021 erwarten?
Eine Reise durch zahlreiche Berner Gemeinden und ein entsprechend reichhaltiges Programm rund um das Thema Erneuerbare Energie! Das detaillierte Programm ist momentan in Planung.

(Gespräch: November 2020)

Adrian Stämpfli, Stv. Leiter Fachstelle Umwelt und Energie, Gemeinde Köniz
Adrian Stämpfli, Stv. Leiter Fachstelle Umwelt und Energie, Gemeinde Köniz
ENERGIEWENDE LEBEN

Die Kampagne «energiewende leben» ist auf fünf Jahre ausgelegt. Im umgebauten Schiffscontainer ist eine Mini-Wohnung eingebaut, in welcher die Besuchenden mit Hilfe einer Web-App die persönliche Ökobilanz berechnen können. Die Ausstellung wurde von der ZHAW konzipiert und wird über die gesamte Ausstellungsdauer wissenschaftlich begleitet. Finanziert wird «energiewende leben» vom Bundesamt für Energie und aus den Beiträgen der teilnehmenden Gemeinden. Die Projektleitung liegt bei der Fachstelle Umwelt und Energie der Gemeinde Köniz.
Mehr Infos gibts hier:
www.energiewendeleben.ch
facebook.com/energiewendeleben
ausstellung-mislaebe.ch
energie@koeniz.ch

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